Ein Fest für die Filmkunst, die Kinos und die Vielfalt der Kreativität: Der Hessische Film- und Kinopreis 2025
„September 5“ wird als bester Spielfilm ausgezeichnet / Sonderpreis der Jury für „Hysteria“ / Neuer QMS RESPECT Award zur Förderung queerer Sichtbarkeit geht an Axel Ranisch
Glamourös, dennoch familiär und voller Leidenschaft für das Geschichtenerzählen: Bei der 36. Gala des Hessischen Film- und Kinopreises in der Alten Oper Frankfurt feierten Stars und Filmschaffende ein Fest für den Film, die Kinos und die kulturelle Vielfalt. Hessens Kulturstaatssekretär Christoph Degen begrüßte als Gastgeber zahlreiche Gäste aus Politik, Gesellschaft und insbesondere der Film- und Kinobranche.
„Die Verleihung des Hessischen Film- und Kinopreises demonstriert die Lebendigkeit der Film- und Kinoszene in Hessen: von mutigen Nachwuchsprojekten über unabhängige Produktionen bis hin zu großen Serien mit internationalem Erfolg. Mit Hessen Film & Medien verfügen wir über eine der modernsten Filmförderungen in Deutschland“, erklärte Kulturstaatssekretär Christoph Degen. „Darüber hinaus liegt Hessens Stärke in einer abwechslungsreichen Kino- und Festivallandschaft. Mit der diesjährigen Preisverleihung betonen wir ihre bedeutende Rolle als Orte der Kreativität, des kulturellen Erlebens und des Austauschs: Für die Kinopreise haben wir 65.000 Euro mehr zur Verfügung gestellt und einen Sonderpreis der Kino-Jury vergeben. Zudem verleihen wir mit dem neuen QMS RESPECT Award queeren Filmschaffenden mehr Sichtbarkeit. Diversität und Vielfalt sind Kennzeichen Hessens, was auch die herausragenden Werke zeigen, die wir heute Abend ehren. Herzlichen Glückwunsch an alle Preisträgerinnen und Preisträger!“
Der Preis für den besten Spielfilm ging an „September 5“ von Tim Fehlbaum, der eindringlich die Geiselnahme der israelischen Mannschaft schildert, die den Frieden der Olympischen Spiele 1972 in München jäh zerstörte. Aus der Perspektive einer Sportjournalistin erzählt der Film den 5. September. „Die außergewöhnliche Konzentration des Kammerspiels, das zwar im Regieraum spielt, aber dennoch die gesamte Welt im Blick hat, fesselt das Publikum von Anfang an“, so die Jurybegründung. Das Preisgeld beträgt 15.000 Euro. Weitere Nominierte in dieser Kategorie waren „Hysteria“ von Mehmet Akif Büyükatalay und „Bitter Gold“ von Juan Olea.
Der Thriller „Hysteria“ von Mehmet Akif Büyükatalay erhielt einen Sonderpreis der Jury. In diesem Film wird die Entstehung von Hysterie und Paranoia thematisiert. „Mit einem spielfreudigen Ensemble und vielschichtiger Erzählweise bringt der Film die Absurditäten der bundesrepublikanischen Diskurse über Migration, Religion und Identität auf unterhaltsame Weise zur Sprache“, so die Jury.
Der Preis für den besten Dokumentarfilm ging an „Das Deutsche Volk“ von Marcin Wierzchowski. Am Tag nach dem rassistischen Anschlag von Hanau dokumentierte Regisseur Wierzchowski die Trauer, Wut und das Weiterleben der Überlebenden und Hinterbliebenen. „Die radikale Fokussierung auf die Perspektive der Hinterbliebenen verleiht Wierzchowskis Film eine außergewöhnliche Kraft, die niemanden kalt lässt“, lobt die Jury. Auch hier beträgt das Preisgeld 15.000 Euro. Nominierte in dieser Kategorie waren außerdem „An Island“ von Pei-Chin Lee und „Zirkuskind“ von Julia Lemkes und Anna Koch.
In der Kategorie „Bester Kurzfilm“ gewann „Saigon Kiss“ von Hồng Anh Nguyễn, der eine queere Liebesgeschichte in den Kontext der Metropole Saigon einbettet. „Fahrten und Bildkompositionen, Dramaturgie und Musik – all das trägt ruhig zum harmonischen Gesamtbild bei“, heißt es im Jurytext. Das Preisgeld beträgt 5.000 Euro. Weitere Nominierte waren „Where the Jasmine Always Blooms“ von Husein Bastouni und „Die Uniformierten“ von Timon Ott.
Als bester Hochschulabschlussfilm wurde „Magic Gulyás“ von Áron Farkas (Kunsthochschule Kassel) ausgezeichnet. Der Animationsfilm thematisiert die schmerzhafte Realität des Erwachsenwerdens und kombiniert Puppenanimation mit computergenerierten Bildern. „Die Bilder schaffen ihre eigene Realität, sie stehen auf dem Kopf, geben Rätsel auf und laden zur wiederholten Betrachtung ein“, ist die Jury begeistert. Auch hier beträgt das Preisgeld 5.000 Euro. Weiterhin nominiert waren „Monika“ von Geeske Janßen (Kunsthochschule Kassel) und „Salam Beresoon“ von Roya Ghanavati und Theresa Philine Kramer (Hochschule RheinMain).
In der Kategorie „Bestes Drehbuch“ setzte sich „Das Erbe“ von Aliaksei Paluyan, Esther Bernstorff und Behrooz Karamizade durch. Die Geschichte spielt im Sommer 2020 in Minsk, Belarus, und thematisiert die Entscheidung einer Familie, ob sie dem Regime von Lukaschenko treu bleibt oder sich dem Widerstand anschließt. „Ein emotional und politisch starkes Drehbuch“, befindet die Jury und ergänzt: „Das Erbe der Familie ist auch das Erbe des Kontinents – komplex, widersprüchlich und ohne einfache Antworten.“ Das Preisgeld beträgt 5.000 Euro. Weitere Nominierte in dieser Kategorie waren „Iwi Kiwi Super Vanilla“ von Sabina Gröners und „Save Our Souls“ von Jonas Steinacker und Moritz Licht.
Der Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten wurde an Michael Kessler verliehen. Mit einer langen Karriere als Schauspieler, Komiker, Sprecher, Theaterregisseur, Autor und Moderator ist er aus der deutschen Film- und Fernsehwelt nicht wegzudenken. Kessler genießt seit vielen Jahren große Popularität in der deutschen Kulturszene, da er mit seiner feinen Wahrnehmung für Zwischentöne, Humor und Tiefgang unterschiedlichste Rollen zum Leben erweckt.
Der mit 5.000 Euro dotierte Newcomerpreis, über dessen Vergabe der Kunst- und Kulturminister entscheidet, ging an die Schauspielerin Mala Emde. In Frankfurt geboren, feierte sie ihren Durchbruch in der Rolle der Anne Frank in dem Doku-Drama „Meine Tochter Anne Frank“. In diesem Jahr wurde sie für den Deutschen Filmpreis als beste weibliche Hauptrolle in „Köln 75“ nominiert. „Mala Emde vermittelt in ,Köln 75‘ den Kampf einer jungen Frau in einer männerdominierten Welt glaubwürdig und unmittelbar. Sie verkörpert die ehrgeizige, kluge, aber auch suchende Vera Brandes so überzeugend, dass sie die Nominierung für den Deutschen Filmpreis wirklich verdient hat. Zudem hat sie in den letzten zehn Jahren Beeindruckendes geleistet und kann ein Vorbild für junge Menschen und vor allem Frauen sein“, begründet Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels seine Entscheidung.
Der in diesem Jahr erstmals vergebene QMS RESPECT Award ging an Axel Ranisch. Diese Auszeichnung, die von Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels ins Leben gerufen und von der Queer Media Society (QMS) verliehen wird, ehrt Personen, die sich für queere Sichtbarkeit in der Filmbranche einsetzen. Axel Ranisch, geboren 1983 in Berlin, studierte Regie in Potsdam-Babelsberg und gründete anschließend die Produktionsfirma „Sehr gute Filme“. Er drehte mehrere Spielfilme, darunter „Dicke Mädchen“ und „Alki Alki“, sowie einige Folgen der ZDF-Sendereihe „Löwenzahn“. Ranisch ist nicht nur Regisseur, sondern auch Schauspieler und inszenierte mehrere Opern. QMS-Jurypräsidentin Connie Walther würdigte in ihrer Laudatio: „In seinen Arbeiten wird deutlich, dass Sichtbarkeit keine Randnotiz, sondern der Kern unserer Gesellschaft ist. Es gelingt ihm spielerisch, gängige, mediale Darstellungen von Queerness aufzubrechen und zu hinterfragen. Sein Schaffen ist eine unablässige Umarmung von uns allen in Bildern, Klängen, Geschichten.“ Die Queer Media Society ist eine ehrenamtlich organisierte, aktivistische Initiative queerer Medienschaffender.
Der Hessische Kinopreis wurde an 19 gewerbliche und elf nicht-gewerbliche Kinos verliehen. Die Hauptpreise von jeweils 20.000 Euro gingen an das Kino Traumstern in Lich, das Harmonie Arthouse Kino in Frankfurt und das Mal Seh’n Kino in Frankfurt. Weitere Kinos, die ein fünfstelliges Preisgeld erhielten, sind der Filmladen Kassel (15.000 Euro), die BALi Kinos in Kassel (12.500 Euro) und das Lichtspielhaus Lauterbach (10.000 Euro).
Die BALi Kinos erhielten zudem den Sonderpreis der Kino-Jury und 5.000 Euro Preisgeld für ihre Verdienste im Bereich Dokumentarfilm. Mit einem Anteil von 64 Prozent europäischer Filme leisten sie einen wertvollen Beitrag zur Sichtbarkeit und Vielfalt des europäischen Filmschaffens, so die Jury. Das ergänzende Rahmenprogramm – inklusive Lesungen und weiterer kultureller Formate – fördert die inhaltliche Vertiefung und stärkt die Rolle des Kinos als lebendigen Kulturort. Die Jury würdigt zudem die enge Bindung zu einem treuen Publikum, das dieses besondere Engagement kontinuierlich unterstützt.
Insgesamt ist der Hessische Kinopreis in diesem Jahr mit 215.000 Euro dotiert, was einer Erhöhung um 65.000 Euro im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Die Frankfurter Buchmesse verlieh den „Preis der Frankfurter Buchmesse für die beste Adaption“ an den Film „22 Bahnen“ von Mia Maariel Meyer, der auf dem gleichnamigen Bestseller von Caroline Wahl basiert. Das Drehbuch stammt von Elena Hell. Im Mittelpunkt steht Tilda, eine junge Frau, die mit einer suchtkranken Mutter aufwächst und darum kämpft, ihren Platz im Leben zu finden – hin- und hergerissen zwischen einer möglichen Karriere und der Verantwortung für ihre kleine Schwester Ida.
Der Hessische Rundfunk zeichnete im Rahmen der Filmpreis-Gala den „Schauspielerinnenpreis“ und den Ensemblepreis aus. Der „Schauspielerinnenpreis“ ging an Lisa Wagner, Nils Strunk und Justus von Dohnányi für ihre Leistungen in der ZDF-Serie „Die Affäre Cum-Ex“. Mit dem Ensemblepreis ehrt der Hessische Rundfunk in diesem Jahr das Ensemble der ARD-Miniserie „Schattenseite“, zu dem unter anderem Samirah Breuer, Tanya Nguyen, Florian Geißelmann, Jonas Ems, Ludger Bökelmann und Marven Gabriel Suarez-Brinkert gehören.